28.07.2009
Schäfer und Landwirte erhalten wertvolle Lebensräume im Nationalpark Eifel
Wo sich der Mensch zurückzieht, entstehen die „Urwälder von morgen“ (PM vom 28. Juli 2009)
Im ehemaligen Truppenübungsplatz Vogelsang inmitten des Nationalparks Eifel hat das jährliche Mähen der Offenland-Biotope begonnen. 240 Hektar Grünland sollen auf diese Weise erhalten bleiben. Noch mehr Fläche, rund 540 Hektar, beweiden Schafe: Drei Schäfer verbringen mit zusammen 3.000 Tieren zwischen April und Oktober jeden Tag auf der Dreiborner Hochfläche. Ohne erklärende Informationen dürften die Traktoren und Schafe bei Wanderern fragende Blicke hervorrufen, lautet die oberste Nationalpark-Philosophie doch „Natur Natur sein lassen". Am Dienstag hat die Nationalparkverwaltung daher über die unterschiedlichen Schutzkonzepte im Nationalpark informiert. Während sich künftig auf knapp 90 Prozent der Nationalparkfläche wieder wilde Naturwälder entwickeln sollen, dient die Arbeit der Bauern und Schäfer dem gezielten Erhalt besonders wertvoller Offenland-Biotope.
Die unterschiedlichen Schutzkonzepte werden im Bereich des ehemaligen Truppenübungsplatzes Vogelsang auf der Dreiborner Hochfläche derzeit besonders deutlich. Während des militärischen Übungsbetriebes bestand etwa die Hälfte des insgesamt 3.300 Hektar großen Areals aus Wiesen und Brachland. Noch 2005 wurden diese 1.150 Hektar von Schäfern und Landwirten gepflegt. Den Rest nehmen Wälder und dichte Gebüsche ein. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung und Einrichtung des Nationalparks sollen die Pflegeflächen schrittweise auf letztlich 600 Hektar reduziert werden. Dieses gemeinsame Ziel haben sich die Nationalparkverwaltung und das Bundesforstamt Wahnerheide als Vertreter der Eigentümerin Bundesrepublik Deutschland gesetzt. Bereits drei Jahre nach Aufgabe der militärischen Nutzung unterliegen derzeit bereits knapp 400 Hektar des Offenlandes dem sogenannten „Prozessschutz". Hier verzichtet der Mensch auf lenkende Eingriffe. Nach und nach werden Ginster und andere Sträucher diese Flächen erobern, bis sich langfristig auch hier wieder Wald ausbreitet. Im gesamten Nationalpark soll der Anteil der Prozessschutzflächen spätestens 2034 mindestens 75 Prozent betragen, langfristig sogar 87 Prozent. Damit würde der Nationalpark auch die Kriterien für eine internationale Anerkennung erfüllen. Auf etwa 13 Prozent, den sogenannten Managementflächen, soll der Mensch auch langfristig weiterhin eingreifen dürfen. Hierzu zählt auch die jährliche Mahd im ehemaligen Truppenübungsplatz, die derzeit von 17 Landwirten im Auftrag des Bundesforstamtes Wahnerheide und der Nationalparkverwaltung durchgeführt wird.
Artenreiche Wiesen und weite Panoramablicke
Mit der Offenlandpflege verfolgen Nationalparkverwaltung und Bundesforstamt mehrere Ziele. Zum einen soll sie wertvolle Lebensräume inklusive der auf sie spezialisierten Tiere und Pflanzen schützen. Da die Flächen nicht gedüngt und erst spät im Sommer nach Samenverbreitung gemäht werden, sind die Wiesen und Weiden besonders reich an Blütenpflanzen. Dieser Pflanzenreichtum ist Voraussetzung für das Vorkommen vieler Kleintiere wie Schmetterlinge und Heuschrecken, Spinnen und Käfer, die wiederum größeren Tieren als Nahrung dienen. Zahlreiche der vorkommenden Pflanzen und Tieren sind vom Aussterben bedroht, weil sie in der intensiv genutzten Kulturlandschaft keine Lebensräume mehr finden. Gleichzeitig ist das Offenland mit seinen Panoramablicken auch für die Besucherinnen und Besucher von hoher Attraktivität. Egal ob während der sommerlichen Ginsterblüte oder im Winter bei Schnee, zur Narzissenblüte im Frühjahr oder im Herbst zur bunten Laubfärbung: Wüstebach- und Fuhrtsbachtal wie die Dreiborner Hochfläche im Nationalpark Eifel sind Anziehungspunkte für Nationalparkgäste und die örtliche Bevölkerung. Und mit etwas Glück können Besucher auf der Hochfläche neben Vögeln wie Feldlerchen, Neuntötern oder Kornweihen auch Rothirsche und andere Wildtiere beobachten. Die Ausweisung eines großen Bereiches ohne Bejagung auf der Dreiborner Hochfläche durch das Bundesforstamt Wahnerheide ist speziell auf dieses Ziel ausgerichtet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Gäste an die Nationalpark-Regeln halten: die ausgewiesenen Wege dürfen nicht verlassen werden, und Hunde müssen angeleint sein. Erst dann werden auch die großen Wildtiere ihre Scheu verlieren und wie früher unter dem Schutz des Militärs auch wieder tagsüber aus dem sicheren Ginstergebüsch und Wald in das Offenland heraustreten. Zudem soll der Anteil an Mähwiesen erhöht werden, da eine wenige Tage umfassende Mahd geringere Beunruhigungen verursacht als die mehrmonatige Beweidung mit Schafen. Bundesforst und Nationalparkverwaltung berücksichtigen dabei, dass die Verringerung der Pflege- und Weideflächen für die Landwirte und Schäfer schrittweise und sozialverträglich erfolgt.
Kontakt:
Malte Wetzel
Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Nationalparkforstamt Eifel
Fachgebiet Kommunikation und Naturerleben
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