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14.10.2024

Neue Chancen für die Flussperlmuschel im Nationalpark Eifel

Vom Aussterben bedrohte Art profitiert von Renaturierung im Süden des Schutzgebiets

Schleiden-Gemünd, 14.10.2024. Die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) ist deutschland- und europaweit vom Aussterben bedroht. Im Perlenbach bei Monschau befindet sich derzeit das letzte Vorkommen in NRW: Vor 200 Jahren zählte alleine dieser Bach bei Monschau noch etwa 50.000 Tiere – 1980 konnten nur noch 700 Flussperlmuscheln gefunden werden, Tendenz sinkend. Durch die Wiederherstellung natürlicher Bachläufe und Gewässerstrukturen sollen Nachzuchten der Flussperlmuschel im Fuhrtsbach und Perlenbach nun eine neue Chance bekommen.

Im Rahmen des Bundesprojekts MARA („MARA - Margaritifera Restoration Alliance") beteiligt sich der Nationalpark Eifel unter Federführung der Biologischen Station StädteRegion Aachen und gemeinsam mit der Stadt Monschau, dem Wasserwerk Perlenbach und weiteren Verbündeten am Muschelschutz: Nach der erfolgreichen, halb-natürlichen Nachzucht soll sich die Muschel in Eifeler Bächen zukünftig wieder wohlfühlen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesumweltministerium.

Bevor die Nachzuchten der Flussperlmuschel allerdings in die Freiheit entlassen werden können, haben nun Aktionen zur Verbesserung der Gewässerstruktur stattgefunden: Im Fuhrtsbach, einem Zufluss zum Perlenbach im Süden des Nationalparks Eifel, wurden im Sommer 2024 stellenweise zunächst kleinere Stämme von Erle und Esche als Strömungslenker eingebracht und fixiert. Sie lenken die Strömung, dienen als Auffang für den Kies und unterstützen langfristig eine naturnahe Entwicklung des Bachs.

In einem zweiten Schritt folgte nun an fünf Stellen der tonnenweise Eintrag von standortgerechtem Kies, der sich im Bach verteilen wird. Dank eines Saug- und Pumpwagens, der nur die vorhandenen Wege nutzt, konnte der Kies über Schläuche besonders schonend in den Bach geleitet werden. Dieses Verfahren wird bis Ende 2025 noch mehrmals wiederholt und ist zum Schutz der Flussperlmuschel deutschlandweit einzigartig.

Das Substrat ist essentiell für den Aufwuchs der jungen Muscheln – es bietet auch den größeren Exemplaren einen Rückzugsraum bei Hochwasser oder Trockenheit. Außerdem profitieren viele andere Arten, wie beispielsweise Bachforellen, von dieser Maßnahme. Weil sich die mikroskopisch kleinen Muschellarven nur in den Kiemen der Bachforelle entwickeln, kommt diesen Fischen als „Zwischenwirt“ eine besondere Bedeutung beim Vorkommen der Flussperlmuschel zu.

Ein positiver Nebeneffekt ist, dass eine verringerte Strömung und Schaffung von Nebengerinnen einen höheren Wasserrückhalt zur Folge hat – schließlich benötigt das Wasser länger, um die Perlenbachtalsperre zu erreichen. Das vermindert den Eintrag von Sediment in die Talsperre, der das Stauvolumen reduzieren würde.


Hintergrund

Perlenfischer ernteten im Perlenbach jahrhundertelang die begehrte Flussperle. Ihr Produzent ist die Flussperlmuschel Margaritifera margaritifera. Das halb im Boden eingegrabene Weichtier benötigt saubere, klare und kalkarme Gewässer. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bedeckten die knapp 15 Zentimeter großen Muscheln in guten Beständen den Boden des Perlenbaches.

Im Inneren der Muscheln benötigten Perlen zwischen 20 bis 25 Jahre, um gerade einmal vier Millimeter groß zu werden. Flussperlen von über 20 Millimeter wurden nur von Muscheln produziert, die 250 Jahre und älter wurden. Perlen dieser Größe waren deshalb extrem selten und wertvoll.

Die Maßnahmen sind so angelegt, dass bis zum Ende des Projektes Mitte 2027 erste neue Lebensräume für die Flussperlmuschel zur Auswilderung entstehen werden.


Kontakt

Annette Simantke
Wald und Holz NRW
Nationalparkverwaltung Eifel
Urftseestraße 34
53937 Schleiden
Telefon: 02444/9510-57
E-Mail: simantke@nationalpark-eifel.de


Natalie Blees
Biologische Station StädteRegion Aachen e.V.
Projekt "Artenschutzprojekt Flussperlmuschel"
Zweifaller Straße 162
52224 Stolberg
Telefon: 02402/12617-27
E-Mail: natalie.blees@bs-aachen.de


Fotos zum Download und zur Veröffentlichung

Bild 1: Als „Starthilfe“ für Nachzuchten der Flussperlmuschel wird noch bis Jahresende Kies in den Fuhrtsbach eingebracht. Das Substrat ist essentiell für den Aufwuchs der Muscheln. (Foto: Nationalparkverwaltung Eifel/M. Menninghaus)

Bild 2: Nicht nur vom Aussterben bedrohte Flussperlmuscheln profitieren davon, dass sich der Kies im Bach verteilt. So nutzen beispielsweise Bachforellen das Sediment, um darin zu laichen. (Foto: Nationalparkverwaltung Eifel/M. Menninghaus)

Bild 3: Bereits im Sommer wurden Stämme von Erle und Esche im Bachbett eingebracht und fixiert. Sie dienen als „Strömungslenker“ und fördern die natürliche Entwicklung des Bachs. (Foto: Nationalparkverwaltung Eifel/M. Menninghaus)

Bild 4: Durch die Hölzer entstehen Bereiche mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten, in denen sich der Kies an- oder ablagert. Langfristig soll dadurch eine abwechslungsreiche Struktur entstehen. (Foto: Nationalparkverwaltung Eifel/M. Menninghaus)

Bild 5 und 6: Weil die ausgewählten Bereiche strengem Naturschutz unterliegen, ist eine Methode gefragt, den Kies so schonend wie möglich in den Bach zu transportieren. Das gelingt mit Hilfe eines Saugbaggers, der das Substrat von Wanderwegen aus über Schläuche und Rohre einbringt. (Foto: Nationalparkverwaltung Eifel/M. Menninghaus)  

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